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Eine Geschichte von Jana R., 12
Jahre aus Deutschland
Herbstwind
Karisha Mason war zwölf Jahre alt und lebte mit ihrem großen
Bruder Mike und mit ihrem Vater in St. Fairy in Kalifornien.
Karisha hatte rotblondes Haar, welches ihr bis zur Schulter
ging und tiefseegrüne Augen. Sie ging in die sechste Klasse
der Junior Highschool "Sprite". Ihre beste Freundin hieß
Laura und ging mit ihr in eine Klasse. Karisha wurde meist
Risha genannt, außer von ihrem Vater. Dieser war ein
angesehener Arzt und hatte daher einen Haufen Geld. Er lebte
demzufolge mit Karisha und Mike in einer kleinen Villa im
edelsten Viertel von St. Fairy. Mike war nur ein Jahr älter
als Risha und ging auf die selbe Schule wie sie. Er konnte
Risha manchmal ziemlich nerven, fand Risha, allerdings war
im Grunde ein netter Kerl.
"Schau
mal, da ist er!", flüsterte Laura. Risha drehte sich um. Sie
musste unwillkürlich lächeln, obwohl sie heute in ziemlich
mieser Stimmung war. Seit ungefähr einem Monat war sie einen
Jungen namens Boris schwer verliebt. Aber der schien nicht
einmal zu wissen, dass Karisha existierte. Es fing gerade
die große Pause an und Risha und Laura machten sich auf den
Weg zur großen Eiche, wo sie jede Pause verbrachten. Das war
ein uralter Baum, der bei der Gründung der Schule gepflanzt
worden war. "Warte ... oh nein, ich hab' mein Geld
vergessen! Geh' schon mal vor, ich komme gleich nach.",
murmelte Laura. Sie lief zurück zur Klasse. Ein leichter
Herbstwind strich Risha durch die Haare. Sie lehnte sich
gegen die Eiche. Sie war gerade mit den Gedanken bei Boris,
da stupste sie jemand leicht von hinten an. Risha drehte
sich um. Und sah direkt in Boris' Gesicht. Ihr stockte der
Atem. "Hey, du bist doch Karisha, oder?" Er musterte sie von
oben bis unten. "Mike lässt nach dir fragen, er braucht zwei
Dollar." - "Wieso kommt er dann nicht selber?", fragte sie
skeptisch. Boris grinste. "Er hat mir gesagt, dass ich ihm
das Geld holen soll." - "Sag' ihm ich will diese zwei Dollar
und auch die restlichen Hundert, die er mir schuldet,
spätestens morgen wiederhaben." Boris hielt inne. "Hundert
Dollar?", erkundigte er sich. "Ganz genau, hundert Dollar."
Dann holte sie ihr Portmonee aus ihrer Jeansjacke und kramte
nach zwei Dollar. Dabei blitzten hundert Dollar auf. "Wofür
brauchst du denn so viel Geld?" Risha drückte ihm die zwei
Dollar in die Hand. "Um nachher etwas Vernünftiges zu Essen
zu holen." Sie lächelte traurig. "Okay, danke auch." Dann
verschwand Boris. Risha ließ sich gegen den Baum fallen und
sank nach unten. Das war zuviel. Da wurde sie von zwei
starken Händen hochgerissen. Eine Hand wurde ihr auf den
Mund gepresst mit, der anderen wurde sie mitgezerrt bis in
die hinterste Ecke des Schulhofes. Dort wurde sie
losgelassen und in die Ecke geschleudert. Schwer atmend sah
Risha auf. Vor ihr stand Smash, der größte Schläger der
Schule. Er ging in die siebte und war ziemlich stark, was
Karate oder Kickboxen anging. Hinter ihm standen seine
besten Freunde Josh und Cris. "Was willst du, Smash?",
fauchte Risha und stand auf. "Du bist also Karisha, Mikes
Schwester. Hübsch siehste aus, Kleine. Du scheinst ja jede
Menge Kohle zu haben. Zu viel Kohle. Was hältst davon, wenn
du uns was abgibst?" - "Pffh!", machte Risha. "Du spinnst
ja. Wieso sollte ich?" Smash schnellte vor und presste sie
gegen die Wand. und hielt ihr sein Taschenmesser vor den
Hals. "Weil ich dann ziemlich unangenehm werden könnte.",
zischte er. "Okay, okay." Risha zog ihr Portmonee hervor und
übereichte ihm die hundert Dollar. "Wie viel Taschengeld
kriegst du?", fragte Smash. "Zehn Dollar pro Tag.", sagte
Risha widerwillig. "Okay, das wirst du uns doch auch gerne
übergeben, oder nicht?" Risha warf ihm einen wütenden Blick
zu. "Okay.", murmelte sie. "Na los, dann hau' schon ab. Aber
wehe, du erzählst jemanden auch nur ein Wort darüber, Süße,
dann biste nämlich fällig. Nächstes Mal bist du um die selbe
Zeit wieder hier!" Langsam trat Risha den Rückzug an. Sie
ging zurück zur Eiche, wo Laura schon auf sie wartete.
"Mensch, wo warst du denn? Ich habe schon jeden gefragt, der
hier vorbeigekommen ist, ob sie dich gesehen haben. Sogar
Boris. Also: Wo warst du?" Risha sah weg. "Ist doch egal.
Übrigens, ich ... ich kann heute doch nicht mit dir zum
shoppen fahren. Mein ... mein Dad erlaubt das wahrscheinlich
nicht." Da klingelte es. "Das ist doch Quatsch! Gerade vor
einer Stunde hast du mir gesagt, dass dein Vater es dir
erlaubt hat." Risha schaute sie nicht an. "Okay, sagen wir's
so: Ich hab' kein Geld." Laura stöhnte. "Jetzt erzähl' mir
doch nichts. Was ist los? Wurde dir dein Geld geklaut?"
Energisch schüttelte Risha den Kopf. "Vergiss' es. Ich komme
mit, aber ich sage dir gleich, kaufen kann ich mir nichts."
Am
Nachmittag bummelten die zwei durch die Läden. Risha hatte
das Geld von Mike wiederbekommen und konnte sich so doch
etwas kaufen. Gerade hatten sich die beiden kurz getrennt.
Laura wollte schnell in den Tierladen um Futter für ihre
Katze zu kaufen und wollte dann zu Risha in die Bibliothek
kommen. Risha hatte sich gerade hingesetzt und am Tisch ein
paar Bücher aufgeschlagen, da kam Smash herein, der sie von
draußen gesehen hatte. Von hinten schlich er sich an und
legte ihr einen Arm um die Schulter. Risha zuckte zusammen
und fuhr herum. "Was soll das?", zischte sie wütend. "Du
scheinst ja wieder ordentlich Geld zu haben, Süße. Ich
glaube du hast uns heute Nachmittag nicht alles gegeben,
oder?" Risha schlug seinen Arm von ihrer Schulter. "Na und?
Ihr habt doch genug für diese Woche!", fauchte sie. "Hey hey,
ich glaube du hast da unsere kleine Abmachung vergessen.
Also, her mit dem Geld, Kleine, oder du bist dran."
Widerstrebend hielt sie ihm das Geld über die Schulter hin.
"Und jetzt verschwinde und lass' mich in Ruhe!", knurrte
Risha. "Schon gut, bis dann, Prinzessin." Smash grinste und
verschwand. Gerade war er weg, da tauchte jemand anderes
auf. Boris. "Hi Karisha." Er lächelte. "Hi.", murmelte Risha,
ohne von ihrem Buch aufzuschauen. "Hör mal, ich hab' dich
eben mit Smash gesehen. Du ... du hast ihm dein Geld
gegeben, stimmt' s?" Risha sah von ihrem Buch auf. "Bitte
verrate es niemanden, Boris!", meinte sie verbittert. "Smash
geht in meine Klasse, Karisha. Ich kenne ihn besser als du.
Bei meiner Freundin hat er's auch schon versucht." Als hätte
er sich jetzt verraten, biss er sich im selben Moment auf
die Unterlippe. "Du ... hast also eine Freundin, ja?",
wiederholte Risha. Boris nickte. "Aha. Und ... darf ich auch
den Namen der Glücklichen erfahren?", erkundigte sie sich
scharf. "Laura.", murmelte Boris.
"Doch nicht zufällig Laura Lister, oder?" Boris schaute sie
an. "Doch." Risha knallte das Buch zu, in dem sie gerade
gelesen hatte. Sie sprang auf. Tränen glitzerten in ihren
Augen. "Okay. Wir sehen uns, Boris!", zischte sie und lief
zum Ausgang, wo Laura auf sie zukam. "Hey Risha, was ist
denn los?", rief sie ihr hinterher. Doch Risha stürmte
einfach unter Tränen an ihr vorbei. Laura schaute kurz in
die Bibliothek. Da erblickte sie Boris und schaute ihn
fragend und gleichzeitig besorgt an. Sie ging zu ihm. "Du
... du hast es ihr also gesagt?", fragte sie leise. "Sorry,
ich wollte ihr nur helfen, da hab ich leider das Wort
"Freundin" erwähnt." "O je. Meine Freundschaft mit ihr kann
ich jetzt ja wohl vergessen. Na ja, ich hab' ja dich." Sie
lächelte. Er lächelte allerdings nicht.
Leise
rannen Risha die Tränen an den Wangen herunter. Sie schlich
gerade die Treppe zu ihrem Zimmer hoch und kauerte sich auf
ihr Bett. Hätte sie gewusst, dass Laura mit Boris ging, so
hätte sie sofort ihre Freundschaft beendet. Jetzt war sie
sich gar nicht so sicher, ob sie das wirklich machen sollte.
Eigentlich mochte sie Laura sehr. Da kam Mike rein. "Hau'
ab.", knurrte Risha und wandte ihm den Rücken zu. "Hey, was
ist denn mit dir los?", fragte Mike verblüfft. "Ich wollte
dir nur die zwei Dollar wiedergeben." - "Kannst du
behalten.", murmelte Risha. Mike schloss die Tür und setzte
sich zu ihr aufs Bett. "Ist es wegen Dad?", erkundigte er
sich. Risha schüttelte den Kopf. Sie ließ den Kopf auf die
Knie fallen und fing an, zu weinen. Lautlos, aber merklich.
"Komm' schon, mir kannst du es doch sagen." Risha sah auf.
"Du hast Boris doch absichtlich zu mir geschickt, oder?",
fragte sie leise. "Hey, das war nett gemeint.", verteidigte
sich Mike. "Ich weiß. Danke, aber du brauchst dir in Zukunft
keine Mühe mehr machen. Ich ... ich werde jetzt ein bisschen
mit Smiley spazieren gehen. Bis dann." Sie wischte sich die
letzte Träne mit dem Handrücken weg, pfiff nach ihrem Hund
und ging zur Tür. "Ciao!", rief sie Mike noch zu, und dann
war sie weg.
Risha
ging mit Smiley in den Park. Der Schäferhund tollte ein
wenig mit anderen Hunden herum, solange Risha sich auf eine
Bank setzte. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie
nicht merkte, wie sich jemand neben sie setzte. Erst als
Smiley knurrend ankam, sah sie auf. "Willst du gehen, Smiley?",
fragte Risha den Hund leise. Dann sah sie, wer neben ihr
saß. Es war Boris. Risha stand auf, warf ihr einen kühlen
Blick zu, dann sagte sie zu Smiley: "Hier ist ohnehin
niemand, den wir kennen, lass' uns gehen!" und ging. Boris
lief ihr hinterher. "Risha! Du wirst doch nicht sauer sein,
wegen dieser kleinen Sache, oder?" Risha ging weiter, ohne
ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. "Hier wird es mir zu
laut, Smiley. Ich glaube, hierher können wir in Zukunft nur
noch gehen, wenn es hier etwas ruhiger ist, was meinst du?",
fragte sie den Hund betont eisig. Die drei erreichten das
Tor zum Stadtpark. "Komm schon, Risha. Du kannst das nicht
mit mir machen." Risha fuhr herum. "Natürlich kann ich das
machen!", fuhr sie ihn an. "Wer hat mir die ganze Zeit den
tollen Typen vorgespielt? Wer hat mich die ganze Zeit
belogen, hm? DU! Außerdem kennst du mich nicht einmal
richtig. Schön, du weißt von der Sache mit Smash. Aber das
ist und bleibt das Einigste, was du von mir weißt!" Boris
lächelte schwach. "Risha, ich kann es aber nun mal nicht
haben, wenn jemand auf mich sauer ist." - "Sauer?",
wiederholte Risha. "Hör mir mal zu, mein Lieber. Ich bin
mehr als sauer, ich bin enttäuscht, weil ich mit meinen
Vermutungen über dich total falsch lag. Du bist ein
hoffnungsloser Idiot!" Sie wollte sich gerade wieder
umdrehen und gehen, da hielt Boris sie fest. "Warte doch
mal. Wenn du mir jetzt nicht verzeihst, dann werde ich Laura
oder Mike die Sache mit Smash erzählen." Risha riss sich
los. "Wenn du das tust, so schadest du damit auch mir! Smash
wird mich zusammenschlagen. Und jetzt lass' mich in Ruhe.",
rief sie. Wieder rollten ihr schimmernde Tränen an den
Wangen herunter. Dann passierte etwas, was Boris nicht
erwartet hatte. Risha holte aus und ohrfeigte ihn.
"Risha!", rief Boris. Doch Risha
hörte ihn nicht mehr. Sie rannte die Straße entlang, zu
ihrem Haus, schloss die Tür auf, lief in ihr Zimmer und
legte sich weinend aufs Bett.
Der
nächste Tag war ein Samstag. Risha schlief ziemlich lange,
weil sie am Abend noch bis 24°°Uhr wach gelegen hatte. Als
sie aufstand, war sie immer noch so müde, dass sie sich kaum
auf den Beinen halten konnte. Außerdem war ihr so heiß,
obwohl ihr sie ihr kurzes Satinnachthemd trug. Schnell zog
sie sich einen Morgenmantel an und kämmte sich. Dann ging
sie nach unten. Sie setzte sich an den Tisch, der schon
fertig gedeckt war. Ihr Vater war arbeiten und Mike hatte
bei einem Freund übernachtet. Da klingelte das Telefon.
Risha hob ab. "Karisha Mason?" Es war Mike. "Hey
Schwesterherz, ich hab' mein Geld vergessen, und wollte
jetzt mit . na ja, du weißt schon, mit meinem Freund wollte
ich ein bisschen in die Stadt. Könntest du mir kurz was
bringen?" Risha hätte ihn jetzt gerne getreten, aber da sie
nur telefonierten, ging das schließlich nicht. "Okay, was
kriege ich dafür?", fragte sie und klemmte das Telefon
zischen Kopf und Schulter, weil sie gerade nach oben
gegangen war und versuchte sich anzuziehen. Mike seufzte.
"Das werden wir dann ja noch sehen. Komm' schon ... nur
dieses eine mal. Es ist Maiderstreet 24" - "Okay, aber nur
diese eine Mal!", meinte Risha. Sie legte auf, zog sich ihre
Lieblingsjeans an, die ihr schon etwas zu eng war,
allerdings konnte sie sich nicht von ihr trennen, ein
schwarzes T - Shirt und eine Jeansjacke. Dann holte sie ihr
Fahrrad aus der Tiefgarage und fuhr los. Sie mochte es, wenn
ihr der Herbstwind so durch das Gesicht wehte. Nach ein paar
Minuten bremste sie ab, stellte das Rad ab und klingelte an
einem Hochhaus. Es kam Mikes Stimme aus der
Freisprechanlage. "Bist du das, Risha?" - "Ja." - "Dann
komm' hoch." Es knackte und Mike legte auf. Risha stieg die
Treppen hoch. Als sie im vierten Stock angelangt war,
wartete Mike schon auf sie ... und Boris. Für ein paar
Sekunden erstarrte Risha. Doch dann fasste sie sich wieder.
"Hi Mike.", sagte sie und drückte ihm das Geld in die Hand.
"Bis heute Nachmittag dann!" Sie warf Boris noch einen
letzten kühlen Blick zu, dann drehte sie sich um und wollte
die Treppe hinunterlaufen, doch Mike hielt sie zurück.
"Nicht so schnell, Risha. Boris hat noch etwas mit dir zu
besprechen. Ich verzieh' mich so lange..." Er ging zurück in
die Wohnung. "Ich verzieh' mich auch so lange ...", meinte
Risha und startete einen weiteren Versuch, die Treppe
runterzukommen. Doch Boris war schneller. Er hielt sie fest.
"Jetzt hör' mir doch einmal zu, Risha." - "Für dich immer
noch Karisha!", fauchte das Mädchen. "Risha, du musst mir
nur einmal zuhören, dann kannst du gehen." Einen Moment
schien Risha zu zögern doch dann riss sie sich los und
rannte die Treppen hinunter. "Da gibt es nichts zu
besprechen.", rief sie von unten. Mike kam heraus und rief:
"Risha! Komm' zurück. Du sollst ihm zuhören!" Draußen hatte
es plötzlich angefangen zu regnen. In St. Fairy konnte das
Wetter rasen schnell umschlagen. Im Weltrekordtempo fuhr
Risha in den Park. Sie hatte keine Lust, nach Hause zu
fahren. Sie stellte ihr Fahrrad in einen Fahrradständer,
schloss es ab und ging ein Stück. Es regnete immer noch in
Strömen. Als Risha zum Himmel sah, stand dort ein
Regenbogen. Risha setzte sich auf eine Bank. Langsam wurde
es kalt, doch dass störte sie nicht. Plötzlich sah sie Laura
auf sie zukommen. Erst wollte sie aufstehen und weggehen,
doch dann ließ sie es bleiben. "Hi.", sagte Laura leise und
setzte sich neben Risha. Die grüßte nicht zurück. "Risha ...
es tut mir so Leid. Aber ich habe es dir nicht gesagt, weil
ich dir nicht wehtun wollte. Bitte versteh' das doch!" Wie
versteinert schaute Risha Laura an. "Du hast doch keine
Ahnung, wie weh du mir damit getan hast, Laura.", flüsterte
sie. Dann stand sie auf und ging zu ihrem Fahrrad. Sie stieg
auf und fuhr davon.
Am
nächsten Tag war Risha nicht in der Schule. Sie hatte hohes
Fieber über 40° C bekommen, da sie gestern im Regen Rad
gefahren war. Aber das Fieber war nicht das einzige, was
Risha bedrückte. Irgendwie war sie ständig am essen. Sie aß
und aß, bis sie nicht mehr konnte. Dann musste sie sich
übergeben. Vielleicht eine Stunde später musste sie wieder
anfangen zu essen, bis sie nicht mehr konnte. Danach musste
sie sich erneut übergeben. Risha ahnte, was sie hatte. Aber
sie wollte und konnte sich das nicht eingestehen. Insgesamt
eine Woche hatte das Fieber angehalten. Doch selbst nach dem
Fieber, gingen diese Attacken nicht zurück. Sobald sie an
Laura und Boris oder Smash dachte, musste sie gleich wieder
anfangen zu essen und sich zu übergeben. Schließlich ging
sie wieder zur Schule. Die Pausen verbrachte Risha auf den
Toiletten, weil sie sich immer wieder übergeben musste.
Es war
ein Montag, und die letzte große Pause. Risha war dieses mal
nicht auf der Toilette. Die hatte sie erst vor einer Minute
verlassen. Doch jetzt hockte sie erschöpft und mit
schweißnassem Gesicht hinter einem Baum, wo sie wünschte
sich, nicht gesehen zu werden. Doch sie hatte Pech. Smash
hatte sie schon erblickt. Er kam zu ihr. "Hey Süße, lange
nicht mehr gesehen.", grinste er. "Du warst letzte Woche
nicht da, stimmt' s? Also, her mit der Kohle!" Risha zuckte
mit den Schultern. "Woher soll ich das nehmen? Ich hab's
nicht mit. Lass' mich bitte in Ruhe, Smash! Mir ... mir
geht's nicht gut." Smash zog sie am Arm hoch und presste sie
gegen den Baum. "Du hast das Geld nicht mit? Weißt du denn,
was das für dich bedeutet?" Risha war so müde, weil sie die
letzte Nacht kaum geschlafen hatte, so dass sie die Augen
kaum offen halten konnte. Smash begann, auf sie
einzuschlagen, bis sie am Boden lag. "Ich hoffe, das wird
dir eine Lehre sein, Risha. In Zukunft ist das Geld da, oder
das passiert wieder!" Er ging. Schwer atmend lag Risha am
Boden. Sie schaffte es nicht, sich aus eigener Kraft wieder
aufzusetzen. Risha hoffte, das jetzt niemand vorbeikommen
würde. Irgendwann würde sie es schon schaffen. Doch da wurde
sie auch schon von zwei Händen hoch aufgesetzt. Erschöpft
lehnte Risha sich wieder an den Baum. Mike und Boris waren
gekommen. "Risha, was ist passiert?", wollte Mike wissen.
"Nichts ... du brauchst dich nicht um mich zu kümmern. Du
kannst einfach gehen, Mike.", keuchte Risha. "Jetzt erzähl'
mir doch nichts. Was ist denn mit dir los? Du bist in
letzter Zeit so verändert. Komm' schon, ich hab' doch Smash
weggehen sehen. Was wollte er von dir?", drängte Mike.
"Jetzt lass' mich doch in Ruhe.", murmelte Risha. Alles
drehte sich um sie. Mike schüttelte seine Schwester. "Karisha,
sag' mir doch endlich, was los ist." Jetzt schaltete sich
Boris ein. "Er wollte wieder Geld von dir, stimmt 's?" Risha
antwortete nicht. "Geld?", fragte Mike. "Gibt es da etwas,
was ich nicht weiß, Risha?" Risha atmete schwer. "Mike,
bitte ... hol' Daddy ... ich halt' s einfach nicht mehr
aus." Risha brach zusammen. Es klingelte zur Stunde.
"Verdammt!", fluchte Mike. "Pass' auf sie auf, Boris. Ich
hol einen Krankenwagen." Mike sprang auf und rannte zum
Sekretariat. Boris seufzte. Er hievte Rishas Kopf auf seine
Knie, denn der Betonboden war ziemlich hart. Jetzt schlug
Risha die Augen auf. "Was ... Boris!" Boris lächelte. "Wo
ist Mike?", murmelte Risha. "Der holt einen Krankenwagen.
Aber das ist jetzt unwichtig. Jetzt hab' ich endlich mal die
Gelegenheit mit dir zu reden. Hör' zu, ich wollte es dir
schon immer sagen, wieso ich mit Laura gegangen bin.", sagt
er. "Gegangen bin?", wiederholte Risha leise. Sie schaffte
es nicht, laut zu sprechen. "Vor zwei Tagen hab' ich Schluss
gemacht. Aber ich war nur mit ihr zusammen, wegen dir ..." -
"W ... wegen mir?" Risha traute ihren Ohren nicht. "Genau.
Risha, hast du es denn immer noch nicht begriffen? Ich liebe
nur dich, und niemanden anders. Ich weiß, es war gemein,
Laura so auszunutzen, aber ich sah keine andere Lösung." Nun
musste Risha lächeln. "Du bist süß.", flüsterte sie. Boris
lächelte. Dann küsste er sie. Risha war froh, dass sich nun
alles aufgeklärt hatte. "Verzeihst du mir die Ohrfeige? Ich
war einfach zu enttäuscht von Laura und dir." Boris lachte.
"Klar." Da tauchte Mike wieder auf. "Der Krankenwagen kommt
gleich.", keuchte er. Als er dann die beiden sah, musste er
ebenfalls lächeln. "Okay, das sieht ja so aus, als hätte
sich alles wieder ausgesühnt!“ |