"Ich habe das Teil, ich habe es!",
jubelte mein Bruder Nico, als er die längliche Plastikdose mit dem
runden, schwarzen Deckel direkt am Volleyballnetz aus dem gelben
Strandsand zog. "Ich bin echt klasse, oder?"
Kleine Brüder wollen immer gelobt werden, ehrlich, so mit "Hast du
aber fein gemacht!" und so. Weil ich aber an diesem Tag keine Lust
auf Lob hatte, murmelte ich nur: "Nicht schlecht!" Außerdem, so toll
war die Buddelei im Sand ja auch nicht gewesen, denn Lukas hatte uns
einen Tipp gegeben. Ja, Lukas, der war schuld an dem ganzen Stress
...
Die zwei Wochen im Hotel "Bahia del
Sol" in der spanischen Mittelmeer-Brutzelsonne sollten eigentlich
Urlaub sein. Als Belohnung, weil wir es das ganze Jahr in der Schule
ausgehalten hatten und keinen einzigen Tag weggelaufen waren.
Aber dann kam Lukas mit seinen Eltern
und einem Flieger aus Köln herangeflogen und für uns Detektive war
damit der Urlaub schon am zweiten Tag vorbei. Lukas schleppte
nämlich gleich ein richtig mega-dickes Problem an: Irgendein Typ
hatte ihm seinen MP3-Player aus dem Hotelzimmer gestohlen! Mitten am
Mittag!
Die Reineputzfrau war's garantiert nicht. Die hieß Julia und war
immer supernett und hat uns gleich am ersten Tag Fotos von ihren
beiden Kids gezeigt. Die sahen fast aus wie wir, nur nicht so blass
und der Junge nicht so ... Er war eben schlank.
Julia wollte uns helfen. Und jetzt,
wo wir den Erpresserbrief und die Beweis-Batterien gefunden hatten,
musste sie uns auch helfen. Wir schütteten das Loch wieder zu und
rannten zu Lukas, der am Meer stand und dem die Wellen gegen die
Beine klatschten. Mit einem Fernglas hatte er die ganze Zeit
beobachtet, ob uns einer beobachtete. Aufgefallen war ihm aber
keiner. Kein Wunder, bei den vielen Leuten, die auf ihren Liegen
lagen oder im Meer badeten.
"Wir haben den Brief und wir haben
die Dinger hier!", schrie Nico und ich zischte ein "Pssst!" zurück.
Lukas sah sich die Batterien an. Es waren eindeutig seine, also
hatte der Typ wirklich den Player. Deshalb verzog Lukas auch das
Gesicht. "Ihr müsst den kriegen, bitte, das Ding ist erst eine Woche
alt!"
Abends, genau um sieben Uhr, wenn
alle im Hotelrestaurant beim Abendessen saßen und Pommes
einschaufelten, sollten wir das Lösegeld für den entführten Player
hinter den Feuerlöscher in der dritten Etage klemmen. Weil wir uns
dort nirgends verstecken konnten, brauchten wir Julia.
Die kam eine halbe Stunde vorher
extra noch einmal ins Hotel und schob ihren Putzwagen bis vor das
erste Zimmer auf der rechten Seite, die Nummer dreihunderteins. Auf
dieser Seite waren die Zimmer mit den ungeraden Nummern und auf der
anderen Seite, genau gegenüber, die mit den geraden Nummern.
Gegenüber von Nummer dreihunderteins war also dreihundertzwei. Nico
und ich hatten Zimmer drei-null-sechs und Lukas mit seinen Eltern
das Nachbarzimmer von dem Zimmer mit dem Reinigungswagen.
Viertel vor sieben stopften wir einen
Geldschein hinter das rote Feuerding und packten unseren
eingeschalteten Camcorder in Julias Wagen unter die Bettbezüge. Das
Objektiv richteten wir auf den Feuerlöscher, dann verzogen wir uns
in die Nische vor den Aufzügen.
"Der kleine Rothaarige in Nummer
dreihundertvier könnte es sein, der sieht so aus!", vermutete Lukas.
"Oder der Daddeldürre in drei-null-fünf oder der Gel-Typ aus der
Dreihundertsechs oder der Komische mit der Angeber-Sonnenbrille aus
Zimmer drei-null-sieben!" Wir warteten, aber nichts passierte. Keine
Schritte zu hören, nichts! Als kurz vor halb acht ein paar Leute mit
dem Aufzug ankamen, brachen wir die Aktion ab.
War aber trotzdem ein Volltreffer:
Der Player-Entführer hatte sich zwar das Geld geholt, ganz leise,
und den Player auf den Feuerlöscher gelegt. Aber wir hatten alles
auf Video ...
Wisst ihr, wer der Täter war, der aus
dem übernächsten Zimmer neben dem von Lukas kam, auf der gleichen
Seite?
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